02.08.2015

SOMMERLAGER

Cornwall - Seite 1

Am Sonntag, 2. August, am mittleren Nachmittag brachen 58 Pfadfinder und Pfadfinderinnen und 3 Busfahrer versehen mit dem Reisesegen von P. Franz Richtung Cornwall auf. Zwei der drei Busfahrer hatten wir im Dunkel der Nacht bis Calais verloren, während uns der dritte - Konstantin - zum Glück bis zum Schluss blieb und uns sicher und mit Humor durch alle Fährnisse des englischen Links- und kontinentalen Rechtsverkehrs lenkte. Seinem 15 m langen Bus folgte im Schlepptau gewöhnlich die gelbe Biene, ein Kleinbus der Familie Truhlar.

Während die Busfahrer immer weniger wurden, wuchs die Zahl der Baden-Powell-Jünger (naja mehr oder weniger) durch diverse Nachzügler und Gäste aus Linz bis auf 63 an.

Unser Lagerplatz, den wir nach einer kurzen Schiffspassage und einer weiteren anstrengenden Tagesreise erreichten, war wie schon vor 16 Jahren „Nine ashes“ im Ortsteil Washaway in Bodmin. Übermüdet wie wir waren, erlebten wir dort eine mehr als freudige Überraschung, denn - obwohl nicht ausgemacht - stand uns dort ein Riesenzelt mit voll eingerichteter Küche zur Verfügung. So wie auch sonst dort alles zu unserer Bequemlichkeit gemacht wurde.

Die Gunst der Stunde nutzend, stellten wir nur unsere Schlafzelte auf, ließen uns noch schnell von unserem exzellenten Küchenteam verwöhnen, dem wir natürlich keine Müdigkeit erlaubten, und schliefen uns dann so richtig aus.

Der Dienstag verlief eher gemütlich, einige notwendige Lagerbauten entstanden und wir richteten uns behaglich ein.

„Very shocking“ verlief der Morgen des Mittwochs für unsere Kids, denn plötzlich verstand niemand mehr vom Team Deutsch. Dann war auch noch die „Queen“ für den Morgengruß dieses „English days“ angekündigt, aber nur von der Ferne wahrzunehmen, weil sie gleich wieder „not amused“ abrauschte. Zum Glück waren Leute aus ihrem Umfeld da und berieten (auf Englisch, die RaRo übersetzten so recht und schlecht) die boy and girl scouts, wie sie Abhilfe schaffen konnten. Den ganzen Tag lang lernten sie britische Manieren, lernten englische Basics, bastelten Zylinder, betrieben britischen Sport, lernten Theaterstücke ein and so on. Auch mussten sie sich mit pünktlichem Fünfuhrtee und typischer englischer Pastete anfreunden. Diese war übrigens eine Erfindung unseres Chefkochs, wobei mich die Rezeptur ein wenig an die erlesenen Cocktails erinnerte, die ich in meiner Kindheit meinen Schwestern mit der Aussicht auf fünf Schilling Belohnung kredenzte - ich habe sie nie bezahlen müssen. Überraschenderweise schmeckte die Pastete aber vorzüglich und wenig überraschend sättigte sie enorm (fast 100%-Gemisch aus Fett, Kohlenhydrate und Eiweiß, Vitamin hat sich da keines verirrt). Langer Rede kurzer Sinn. Nach einer öffentlichen Vorstellung war die Queen sehr zufrieden - das weiß ich ganz sicher - und erhob einige besonders kreative Ladies in den Adelsstand, mit dem Privileg in Cornwall immer zuerst das Essen zu bekommen.

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Cornwall - Seite 2

Tags darauf setzten wir uns wieder in den Bus und fuhren zum Eden Projekt. In einem aufgelassenen Kaolinbergwerk entstand dort vor einigen Jahren eine Art Arche Noah für Pflanzen, die in einem äußerst gefällig teilweise in futuristischen Glashäusern untergebrachten botanischen Garten die menschliche Sintflut zu überleben trachten. Die stylischen Kuppeln stammen von einem gewissen Buckminster Fuller, nachdem ein obskures Kohlenstoffmolekül benannt wurde. Stundenlang spazierten wir durch tropische Regenwälder und mediterrane Vegetation, immer wieder aufgescheucht von irgendwelchen Dinosauriern, die es hier auch zu Hauf gab.

Der Freitag war Hiketag, der uns durch sehr schöne Landschaft auf dem Cameltrail nach Wadebridge in eine Meeresbucht führte. Früher fuhr dort eine Eisenbahn, auf dessen aufgelassener Trasse heute Pfadfinder wie Kamele trotten. Nein, im Ernst - Camel heißt dort der Fluss.

Am Samstag machten wir eine „Pilgerfahrt“. Wir querten halb Südengland um an die Keimzelle der Pfadfinderbewegung zu gelangen. Eine Fähre brachte uns von Poole auf die Insel Brownsea wo im August 1907 das erste Pfadfinderlager stattgefunden hatte. Wir machten die obligaten Erinnerungsfotos beim Gedenkstein, kauften den Souvenirstand auf, besichtigten den historischen Lagerplatz, aber erfreuten uns auch der herrlichen Natur mit Pfauen, streng geschützten red squirrels (für uns stinknormale Eichhörnchen ) und schönem Strand. Letzterer stimmte uns traurig, weil wir weder Badehose noch Zeit im Gepäck hatten, wir mussten ja wieder durch halb Südengland zurück.

Etwas weniger km Busfahrt, dafür umso mehr Besichtigung gab‘s am Sonntag. Wir begannen mit dem altwürdigen teilweise frühmittelalterlichen Gemäuern der Klosterburg St. Michael’s Mount, welche wir wegen der Flut per Boot erreichten - einen Delphin gab’s als Extra. Dann fuhren wir ans Ende der Welt, -zumindest der hiesigen - nämlich nach Land’s End. Leider ließ der Nebel nicht viel Fernsicht zu, beeindruckende schroffe Klippen und Brandungen sahen wir dennoch. Mythisch wurde der Abschluss in Tintagel, wo angeblich Artus nach einem sehr betrügerischen Ehebruch seines Vaters Uther geboren wurde. Tatsächlich fand man Ruinenreste aus der fraglichen Zeit, die besser erhaltenen Ruinen stammen aber von Richard von Cornwall. Dieser war offiziell, aber völlig machtlos römisch-deutscher König in der Übergangszeit nach der Stauferherrschaft und wollte so sein wie Artus. Eine beeindruckende Höhle in den Klippen wird dem Leichtgläubigen auch als Merlins Höhle verkauft. In Tintagel gibt es auch ein sehr altes Postamt, wo viele erstmals Karten für daheim in den Briefkasten werfen konnten.

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Cornwall - Seite 3

Am nächsten Tag ruhten wir uns aus, bauten das Lager ab und feierten mit Wiener Schnitzeln und dann mit vielen Liedern bei einem nächtlichen Lagerfeuer, nach dem es dann eine noch viel nächtlichere, überaschende Action gab.

Am Dienstag fuhren wir wieder quer durch Südengland, unterbrochen durch die Besichtigung riesiger großer Steine, die einfach in der Gegend standen, nämlich in Stonehenge. Man weiß, dass die Steine teilweise aus Wales stammen, man weiß aber nicht, wie sie in der Steinzeit hergebracht wurden. Aufgestellt haben sie vermutlich eine frühe Form von Pfadfindern mit A’s aus Stangenholz, Kreuz- oder Diagonalbund oder so.

Ziel der Fahrt war London, wo wir im Scoutpark in der Gordon Road zwei Nächte zelteten und zwei Tage die englische Hauptstadt unsicher machten. In kleineren Gruppen machten wir das volle Touristenprogramm, besuchten sogar Museen, gruselten ein bisschen im Dungeon, shoppten ein wenig (?) und vieles mehr. Vor allem aber atmeten wir Großstadtluft in einer Metropole, die altehrwürdige Traditionen mit supermoderner Skyline zu verbinden weiß.

Dann ging’s leider nach Hause und zwar in zwei Nachtfahren. Den Tag dazwischen tobten wir uns im Europapark, einem riesigen Vergnügungspark, noch so richtig aus.

Bleibt noch die Frage. Warum haben wir ein Lager wiederholt, das wir so ähnlich schon vor 16 Jahren gemacht haben. Nun die Teilnehmer werden’s vermutlich alle wissen und in diesem Sinn bleibt mir noch, allen zu danken, die daran schuld sind.

(Michael Kerschbaumer)